Fallstudie

Die Kunst der Reduktion

Ein nur 5 x 9 Meter grosses Haus mit einer oberirdischen Wohnfläche von 83 m2: Das kann bauphysikalisch nicht so anspruchsvoll sein – dachten wir. Und mussten diese Ersteinschätzung sehr bald revidieren, denn auch bei einem so kompakten EFH ist die Bauphysik gefordert. 

Die Ausgangslage 

Lange Zeit galt die Parzelle am Rebhang in Dielsdorf als nicht bebaubar: Gerade mal 5 x 9 Meter Platz bot das kleine, steile Grundstück nach dem Abtragen der Grenzabstände – was maximal 83 m² oberirdischer Wohnfläche entspricht. Ein klassisches Wohnhaus mit dicken Aussenwänden, konventionellen Erschliessungstreppen und Verkehrsflächen würde an diesem Ort keinen Platz finden. In interdisziplinärer Zusammenarbeit von Architekt und Bauingenieur wurde deshalb gemeinsam eine Lösung entwickelt: die Verbindung von Raum und Struktur zu einer Einheit.

Die Herausforderung

Die architektonische Reduktion auf das Maximum forderte die Bauphysik heraus. Trotz tiefen U-Werten (Ug = 0,60 W/m²K, opake Bauteile zwischen 0,14 W/m²K und 0,20 W/m²K) war der energetische Nachweis nur mittels Einzelbauteilnachweis möglich. Um zudem den sommerlichen Wärmeschutz zu gewährleisten, durfte der Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) der Verglasung nicht tiefer sein als 30 % – was bei einem Fensterflächenanteil bezogen auf die Energiebezugsfläche von rund 290 % eine weitere Herausforderung darstellte.

Unsere Lösung 

Das Wohnhaus ist reduziert auf den nackten Betonrohbau, ergänzt durch verschiedene Schreinermöbel und umhüllt von einem Glasmantel. Allgegenwärtig ist das skulpturale Stahlbetontragwerk in schwarz eingefärbtem Sichtbeton: Wand, Decke und Böden – sogar das Bücherregal – sind Teile des Tragwerks. Unterlagsböden, Trittschalldämmungen, Bodenbeläge, Gipserarbeiten oder Malerarbeiten, welche die Tragstruktur bedecken könnten, kommen nicht vor. Der Zugang zum Gebäude geschieht via Carport. Das Gebäude selbst betritt man über einen bis zu 5.44 Meter hohen Eingangsbereich, an den ein Keller und der Haustechnikraum angegliedert sind. Ebenfalls in den Hang eingegraben ist ein Doppelzimmer mit Bad. Diese Räume werden durch teilweise überhohe Raumteile und ein Oberlicht mit Tageslicht versorgt. Dieses Doppelzimmer ist durch eine Mittelwand gegliedert, welche wie ein Anker das statische Widerlager der Hauptmittelwand bildet. Die Treppe emporsteigend erreicht man das Beton-Bücherregal, welches der Querversteifung des Tragwerks dient. Von nun an beginnt mittels einzelner Podeste und Stufen eine fortlaufende Abfolge verschiedener Wohnlandschaften: Büro 4,6 m²; Essen 10,5 m²; Mehrzweckebene 7,9 m²; Küche 6,7 m²; Reduit 5,2 m²; Leseecke und Gästebereich 4,8 m²; Wohnen 15,4 m²; Bad 7,5 m²; Ankleide 3,8 m² und Schlafen mit Badewanne 11,4 m².

Quelle: www.baudocu.ch

Über das EFH Rebhang Dielsdorf

Das einzigartige Wohnhaus lässt Raum und Struktur zu einer Einheit verschmelzen. Nur so liess sich das winzige Grundstück am Rebberg überhaupt bebauen. Sein Aufbau ist inspiriert von den Reben, die in der unmittelbaren Nachbarschaft gedeihen: «Das Werk am Rebhang übernimmt die Logik der Weinrebe: Tragende Mittelwand, Podeste und vorgehängte Fenster folgen der Struktur von Stil, Geäst und den daran hängenden Trauben.» (Boris Egli, L3P Architekten ETH FH SIA AG, Regensberg)